Einen äthiopischen Doppelsieg mit Jahresweltbestzeiten gab es beim Tokio-Marathon am Sonntag: Tadese Takele lief in 2:03:23 Stunden zu seinem ersten Triumph im Marathon und zum größten Erfolg seiner bisherigen Karriere während Sutume Kebede ihren Titel in 2:16:31 souverän verteidigte. Damit setzte Tokio bezüglich der Siegzeiten ein erstes sehr starkes Maß in diesem Jahr.
Bei Temperaturen zwischen 15 und 17 Grad Celsius, die aber im Laufe des Rennens in der Sonne deutlich höher waren, blieb der erwartete große Durchbruch des 10.000-m-Olympiasiegers und -Weltrekordlers Joshua Cheptegei aus. Der Ausnahmeläufer aus Uganda spielte an der Spitze des Rennens nie eine Rolle und wurde am Ende Neunter in 2:05:59. Aufgrund eines Fersenproblems gehandicapt, kam Hendrik Pfeiffer (Düsseldorf Athletics) nach 2:12:27 auf Platz 37 ins Ziel. Das Männerrennen hatte in der erweiterten Spitze eine enorme Dichte: 27 Läufer erreichten Zeiten von unter 2:10:00.
Die Hoffnungen des neuen Race-Direktors, Yasuhiro Oshima, auf zwei Streckenrekorde – die hochklassigen Marken stehen bei 2:02:16 beziehungsweise 2:15:55 – erfüllten sich in diesem Jahr nicht. Auch die avisierten japanischen Rekorde blieben unangetastet.
Im Rennen der Männer gab es die erste Überraschung schon kurz nach dem Start. Als sich die Spitzen- und die Verfolgergruppe formiert hatten und die führenden Athleten nach 14:24 Minuten den 5-km-Punkt überliefen, suchte man Joshua Cheptegei vergeblich an der Spitze. Yasuhiro Oshima hatte gemutmaßt, dass der 28-Jährige nach seinem ernüchternden Marathon-Debüt in Valencia im Dezember (2:08:59) nun in Tokio unter 2:02 Stunden laufen könnte. Während die Spitzengruppe tatsächlich zunächst ein solches Tempo einschlug und den 10-km-Punkt nach 28:55 passierte, hatte sich Joshua Cheptegei von vornherein in der zweiten Gruppe einsortiert, die lange Zeit ein 2:04-Tempo lief. Der Doppel-Weltrekordler (5.000 und 10.000 m), der die erste Hälfte in 62:09 lief, konnte den Abstand zur Spitze nie verkürzen. Im letzten Teil des Rennens machte er aber zumindest noch einige Plätze gut.
In der Spitzengruppe hatten neun Läufer die Halbmarathon-Marke nach 61:17 Minuten erreicht. Vor der 30-km-Marke fiel unter anderen der Vorjahressieger und Olympia-Dritte Benson Kipruto zurück. Der Streckenrekordler aus Kenia wurde am Ende Siebenter in 2:05:46. Drei Läufer waren sieben Kilometer vor dem Ziel noch im Rennen um den prestigeträchtigen Sieg: Neben Tadese Takele waren dies Vincent Ngetich (Kenia) und der Olympia-Fünfte Deresa Geleta (Äthiopien). Im Bereich von Kilometer 39 löste sich dann Tadese Takele, der zuvor erst zwei Marathonrennen gelaufen war. 2023 hatte er in Berlin als Debütant mit Rang drei in 2:03:24 überrascht, ein Jahr später war er an gleicher Stelle Siebenter mit 2:05:13.
„Ich war gut vorbereitet, aber mit einem solchen Ergebnis hätte ich nicht gerechnet. Irgendwann habe ich mir gesagt: du musst jetzt versuchen, das Rennen zu gewinnen“, sagte der erst 22-jährige frühere 3.000-m-Hindernisläufer, der in Tokio seine Berliner Bestzeit um eine Sekunde unterbot. Deresa Geleta folgte als Zweiter in 2:03:51, Vincent Ngetich belegte mit 2:04:00 Platz drei.
Hendrik Pfeiffer, der erst vor sechs Wochen beim Houston-Marathon in Eiseskälte 2:11:14 gelaufen war, begann das Rennen schnell. Bei den ersten Zwischenzeiten – 15:00 (5 km), 30:02 (10 km), 45:20 (15 km) – lag er auf Kurs für eine persönliche Bestzeit und dann genau im Bereich seiner 2:07:14 PB. In der Folge konnte der 31-Jährige dieses Tempo aber nicht halten. Nach dem Halbmarathon (64:22) wurde Hendrik Pfeiffer deutlich langsamer. Beeinträchtigt von einem Fersenproblem kam er dann nach 2:12:27 ins Ziel. „Viel mehr war unter den aktuellen Umständen nicht möglich. Ich bin sehr froh, dass ich jetzt schon das fünfte Rennen der World Marathon Majors gelaufen bin und bin dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, hier zu laufen – denn in Japan wird der Laufsport in ganz besonderer Weise zelebriert“, sagte Hendrik Pfeiffer, der sich nun unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Deutschland einer Operation an der Ferse unterziehen wird.
Bereits 2016 und 2018 hatte sich Hendrik Pfeiffer zweimal an der rechten Ferse operieren lassen müssen und war damals jeweils lange ausgeschaltet. „Dieser Eingriff jetzt ist zum Glück minimalinvasiv und wesentlich harmloser. Wenn es gut verläuft, kann ich Ende März schon wieder langsam ins Training einsteigen. Dann freue ich mich auf eine heiße und vor allem schmerzfreie zweite Saisonhälfte.“
Im Rennen der Frauen lief Sutume Kebede zu einem Start-Ziel-Sieg. Als die 30-jährige Äthiopierin die 10-km-Marke in 31:22 Minuten passierte und auf Kurs war für eine absolute Weltklassezeit um 2:12:30 Stunden hatte sie bereits einen Vorsprung von gut 40 Sekunden auf eine neunköpfige Gruppe. Unter den Verfolgerinnen waren die Berlin-Marathon-Siegerin Tigist Ketema, die Frankfurt-Siegerin Hawi Feysa (beide Äthiopien), die Tokio-Siegerin von 2023, Rosemary Wanjiru (Kenia), und die Ex-Weltmeisterin Gotytom Gebreslase (Äthiopien).
Als Sutume Kebede, die vor einem Jahr in Tokio mit 2:15:55 gewonnen hatte und dann in Chicago mit 2:17:32 Zweite war, die erste Hälfte nach 66:20 absolviert hatte, war ihr Vorsprung auf über eineinhalb Minuten angewachsen. Zwar konnte Kebede dieses Tempo im zweiten Abschnitt nicht halten, doch der Vorsprung reichte für den zweiten Tokio-Triumph in 2:16:31.
Die Kenianerin Winfridah Moseti, die vor knapp einem Jahr Zweite in Hamburg war, lief hochklassige 2:16:56 und verbesserte sich um rund eineinhalb Minuten. Eine persönliche Bestzeit erreichte auch die drittplatzierte Hawi Feysa. Nachdem sie im vergangenen Oktober den Streckenrekord des Mainova Frankfurt-Marathons auf 2:17:25 verbessert hatte, steigerte sie sich nun auf 2:17:00.
Ergebnisse, Männer:
1. Tadese Takele ETH 2:03:23
2. Deresa Geleta ETH 2:03:51
3. Vincent Ngetich KEN 2:04:00
4. Titus Kipruto KEN 2:05:34
5. Mulugeta Asefa Uma ETH 2:05:46
6. Geoffrey Toroitich KEN 2:05:46
7. Benson Kipruto KEN 2:05:46
8. Suldan Hassan SWE 2:05:57
9. Joshua Cheptegei UGA 2:05:59
10. Tsubasa Ichiyama JPN 2:06:00
Frauen:
- Sutume Kebede ETH 2:16:31
2. Winfridah Moseti KEN 2:16:56
3. Hawi Feysa ETH 2:17:00
4. Magdalyne Masai KEN 2:19:28
5. Rosemary Wanjiru KEN 2:19:57
6. Desi Jisa Mokonin BRN 2:20:07
7. Gotytom Gebreslase ETH 2:20:25
8. Degitu Azimeraw ETH 2:20:26
9. Zhang Deshun CHN 2:20:53
10. Jessica Stenson AUS 2:22:56
Text: Jörg Wenig
Fotos: Sailer / photorun.net