20. November 2019 | Marathon-News

Premiere: Inklusives Helfer Team im Einsatz beim Mainova Frankfurt Marathon

„Toll, dass Ihr da seid!“. Der Läufer stoppt ab am Getränkestand von Special Olympics Hessen, nimmt sich die Zeit, danke zu sagen für den Becher mit Wasser, der ihm in die Hand gedrückt wird. Und reiht sich dann wieder ein in den Pulk der fast 27.000 Läufer beim Frankfurt Marathon. „Warum sind die so schnell?“, fragt Helene Thun. „Wie oft laufen die?“ Und „Warum machen die das?“ Sie und Johanna Siebert stecken die Köpfe zusammen. Im September haben sie sich kennen gelernt. Bei einem Treffen in der Marburger Elisabethschule. Da haben die zehn Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums ihre Partner beschnuppern dürfen. Zehn Schülerinnen und Schüler aus drei Förderschulen in und um Marburg. Beim Mittagessen über den dampfenden Spaghetti haben sie miteinander geredet, gelacht und geschaut, wer zu wem passt. Damit sie als Helfer-Tandems beim Frankfurt Marathon Hand in Hand arbeiten können. Und das tun sie. Kisten schleppen, Flaschen aufdrehen, Wasser in die Becher einschenken. Und immer wieder den erschöpften Läufern einen Becher anreichen.

 

Das macht allen am meisten Spaß. Nah an den Sportlern zu stehen, ihnen in die Gesichter zu sehen, ihre Erschöpfung, aber auch ihre Kraft zu spüren. Und ihre Dankbarkeit. Auch dafür, dass die 20 Schülerinnen und Schüler belastbare Fans sind. Die einzelnen Läufer werden mit einer Welle und einem Konzert aus den Trillerpfeifen begrüßt. Mit lauten Rufen: „Auf geht’s!“ Man hat das Gefühl, die Läufer holen da bei Kilometer 37,5 noch mal alles aus sich raus.

 

„Das macht so’n Spaß!“ Lotta Westphal stellt sich immer weiter auf die Straße und strahlt jeden Läufer an, der sich für das Wasser bedankt. Selig darüber, dass sie helfen und mit den anderen zusammenarbeiten kann, läuft sie zum Tisch zurück um neues Wasser zu holen. Alle, die vorbeikommen, bekommen von ihr ein „Du schaffst das!“ und einen Becher Wasser.

 

450.000 Becher werden bei diesem Marathon ausgegeben. Und man hat das Gefühl, sie liegen alle dort am Frankfurter Roßmarkt. Die Straße ist dadurch weiß geworden. Die weggeworfenen Becher sind gefährlich; die Läufer könnten auf ihnen ausrutschen. Also kehrt Lucas Odebrecht im Laufschritt, um die Bahn für die Läufer frei zu machen. Das ist heikel, der große Besen soll keinem Läufer in den Weg geraten. Aber Lukas kurvt umsichtig um die Läufer herum und schafft es ein paar Becher zur Seite zu schieben. „Ich bin selbst Läufer“, sagt er und nickt voller Verständnis für einen Läufer, der aufgibt. Constanze Angermann, die Geschäftsführerin von Special Olympics Hessen, versorgt ihn mit einer Jacke und telefoniert herum, wie er zum Start an der Messe zurückkommt. Inzwischen ist es kalt, es regnet immer stärker, der Wind pfeift am Roßmarkt um die Ecke. Alle sind klatschnass.

 

Kurz machen die Schülerinnen und Schüler Pause. Silke Malkus, Lehrerin an der Elisabethschule und Schulsportkoordinatorin in Marburg, schickt alle der Reihe nach in den Bus, um sich aufzuwärmen. Die Vizepräsidentin von Special Olympics hält tapfer draußen die Stellung. Von allein würden ihre Schüler nicht in den Bus gehen. Für sie alle ist es ein richtiges Erlebnis. Sie wollen keine Minute dieses anstrengenden und spannenden Tages verpassen.

 

Als das Läuferfeld wieder an den Stand kommt (den Roßmarkt passieren die Läufer zweimal) arbeiten alle wie im Akkord und trotzen dem Regen. Das tun sie auch, als sich das Läuferfeld lichtet. Und nur noch einzelne ihren Marathon beenden wollen. Da ist Zeit, um sich mit dem Benefizläufer zu unterhalten, der sein erlaufenes Geld der Kinderkrebshilfe spendet. „Nächstes Jahr läufst Du für uns. Wir machen auch was Gutes!“ schallt es ihm entgegen. Und er lacht und nickt.

 

Irgendwann wird es hart. Für alle. Alle haben nasse Füße und frieren. Die Schülerinnen und Schüler stellen sich nebeneinander in einer Reihe auf. Das wärmt kaum. Aber sie vergessen die Kälte, während sie die letzten Läufer anfeuern, für die sie die Welle machen. „Auf geht’s!“ Das rufen sie auch sich zu. Denn am Ende, als das Schlußfahrzeug durchfährt und ihnen für ihren Einsatz applaudiert, merken sie, wie kalt ihnen ist. Aber da ein inklusiver Einsatz bedeutet, dass man alles gemeinsam macht, helfen alle mit, den Stand mitten in der Frankfurter Innenstadt abzubauen. Dabei bewundern sie das Team der Stadtreinigung, dass die Becher in einer Viertelstunde im Bauch des Müllautos verschwinden lässt.

 

Im Bus auf der Heimfahrt nach Marburg sind alle durchgefroren und erschöpft, aber glücklich. Während sie nun selbst was essen und trinken, planen sie schon den nächsten gemeinsamen Einsatz. Denn das ist Inklusion, wenn alle dabei sind. Und beim Frankfurt Marathon im nächsten Jahr wollen sie auch wieder dabei sein.

 

Text: Constanze Angermann, Special Olympics Hessen

„Das macht so’n Spaß!“ Lotta Westphal stellt sich immer weiter auf die Straße und strahlt jeden Läufer an, der sich für das Wasser bedankt. Selig darüber, dass sie helfen und mit den anderen zusammenarbeiten kann, läuft sie zum Tisch zurück um neues Wasser zu holen. Alle, die vorbeikommen, bekommen von ihr ein „Du schaffst das!“ und einen Becher Wasser.