Laufen bedeutet nicht einfach nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Laufen „macht etwas mit einem“, wie man heute so schön sagt. Der starke Dokumentarfilm „Free to run“ aus dem Jahr 2016 zeigt, wie sehr Läufer in den Anfängen des Laufbooms in den 1970er Jahren noch als Freaks wahrgenommen wurden, Verrückte mit Singlets und wilden Schnurrbärten auf der Suche nach der Freiheit. Auch Frauen kommen im Film vor, deren sportliche Ambitionen damals nicht nur als seltsam, sondern auch als überaus ungehörig wahrgenommen wurden. Frauen wie Männer wollten nicht einfach nur laufen. Sie wollten ihren eigenen Weg gehen, tun, was sie für richtig hielten, über alle gesellschaftlichen Konventionen hinweg.

 

Marathonlaufen 2023 – nicht ohne die Community

 

Heute, im Jubiläumsjahr des Mainova Frankfurt Marathon, ist Marathonlaufen für Frauen erneut, vielleicht sogar mehr denn je, mit Emotionen und Werten aufgeladen. Seit vielen Jahren sprechen wir im Vorfeld der Veranstaltung mit Frauen, die sich für die volle Distanz angemeldet haben. Was bewegt sie? Was verbinden sie mit dem Laufen, wie bringen sie Alltag und Training unter einen Hut? Sie sind zwischen 21 und 69 Jahre alt und geben uns spannende Einblicke in ihre persönlichen Laufgeschichten. Auch in diesem Jahr sprachen wir mit drei Frauen, haben sie in verschiedenen Medien vorgestellt und begleitet: Jana Bauer, Jennifer Linke und Paulina Preusler. Immer mehr zeigte sich dabei, dass im Laufen heute alle Trendthemen zusammenkommen, die viele Frauen beschäftigen: Selfcare und mentale Gesundheit, Body Positivity und bewusste Ernährung, Mut und Selbstvertrauen, Community und Freundschaft, Gleichberechtigung und Diversität. Alle drei Frauen sind mit ihren läuferischen Aktivitäten bei Instagram aktiv, wo die genannten Themen sehr präsent sind. Hier haben sie sich mit vielen anderen Läuferinnen vernetzt, ermutigen und feiern sich gegenseitig. Als nahbare Vorbilder spielen sie für die meisten Altersklassenathletinnen eine größere Rolle als die ferne Bestzeitenelite. Und anders als bei vielen Fitness-Influencerinnen, die ihre durch Filter optimierten makellosen Körper, Frisuren und Make-ups in Szene setzen, darf bei Läuferinnen auch mal ein roter Kopf und eine vom Wind zerzauste Frisur abgelichtet werden. Jana, Jennifer und Paulina passen perfekt in die Community, in der man einander mit hilfreichen Tipps unterstützt. Paulina ist Ärztin, Jana Lauf- und Fitnesscoach, Jennifer als junge Mama besonders achtsam.

 

Laufen ist für alle da.

 

Damit treten die drei modernen Frauen in die Fußstapfen der großen Ikone des Frauenlaufs Kathrine Switzer, die 2015 „261 Fearless“ gründete, eine Organisation, die Frauen zum Laufen – und damit zu weit mehr – ermutigen soll. „Wir (ver)urteilen nicht – wir (be)stärken einander“, heißt es im „Equality Statement“ von „261 Fearless“. Und weiter: „Zu laufen bedeutet für uns, mutig zu sein.“ Was Laufen für Frauen außerdem sein kann, zeigt ein Account wie der von Katharina Hoffmann, die sich „Runactivist“ nennt. Sie verbindet ihre Laufleidenschaft mit Ihrem Engagement für die großen Themen Nachhaltigkeit, Feminismus und Diversität. Frauen wie Kelly Roberts und ihre „Badass Lady Gang“ aus New York werben mit Humor für das gemeinsame Laufen und mehr Gleichberechtigung, Plus-Size-Marathonläuferinnen wie Mirna Valerio zeigen, dass zum Laufen keine Modelmaße von Nöten sind. Damit zeigen Frauen immer öfter die Vielfalt und die zweite Ebene hinter dem Laufen. Als junge oder ältere Mütter, als Studentinnen oder in der Menopause, mit mehr oder weniger Gewicht – aber immer mit einem gewachsenen Selbstvertrauen durch eine verdiente Medaille. „She believed she could, so she did“ heißt es in den Sozialen Medien. Beim Mainova Frankfurt Marathon 2023 kamen 2102 Frauen ins Ziel, die zahlenmäßig größten Altersklassen waren W30 und W40. Jana, Jennifer und Paulina wollen im nächsten Jahr wieder antreten. Marathonlaufen ist mehr als Sport. Es ist eine Bewegung. Nicht nur, aber besonders für Frauen.

Marathonlauf: Eine Bewegung!