14. Dezember 2023 | Marathon-News

Läuft´s bei dir? – Predigt zu Hebr 12, 1-2a

Gottesdienst am 28.10.2023 zum Mainova Marathon
um 18 Uhr in der Frankfurter Festhalle
Predigt von Pfrn. Amina Bruch-Cincar, Prodekanin

Läuft´s bei dir? – Predigt zu Hebr 12, 1-2a


Läuft´s bei dir? War die Frage im diesjährigen Marathon Gottesdienst.

 

In dem Moment konnte das noch keiner der Anwesenden beantworten, denn erst am Folgetag sollte es losgehen. Dann wird es ernst und dann erweist sich, wie gut das Training in den vergangenen Monaten war.
Hunderte Kilometer haben Sie hinter sich gebracht, die Hausrunde mit ihren diversen Erweiterungen, vielleicht auch hier und da einen Halbmarathon.

 

Oder Sie gehören zu denen, die sich für´s ganze Jahr einen Strauß an Marathonläufen terminieren und es genießen, mal in Frankfurt, mal in Berlin oder New York laufend unterwegs zu sein. Am Tag vor dem großen Rennen jedenfalls werden die Kohlehydrate verputzt, die Schuhe, Socken, Regensachen und Gels bereitgelegt, damit es beim Marathon läuft. Möglichst gut natürlich.

 

Samstags noch in den Gottesdienst, denn am nächsten Tag ist viel Zeit zum Nachdenken, Zeit zum Gespräch mit den eigenen Gedanken. Warum nicht auch mit dem lieben Gott? Ein paar gute Gedanken, die sich lohnen, nachzudenken, zu drehen und zu wenden. Die aufbauen und motivieren.

 

Läuft´s bei dir? Ist das die Frage für die lange Strecke?
Am Anfang braucht man keine Fragen, wenn sich frierende Läufer in ihrem Leistungsfeld aufstellen und sehnsüchtig darauf warten, dass endlich Bewegung in die bunte Masse kommt.
Die Lauftreffgruppen, witzig gekleidete Leute, ein paar Bekannte und ansonsten Teilnehmer, mit denen man vermutlich bis zum Ende hier in der Festhalle mehr oder weniger zusammen unterwegs ist.

 

Und dann geht es los. Die Laufuhr gestartet. Und auf!
Hineinspüren: Wie geht es den Knien, den Muskeln und individuellen Problemzonen. Läuft´s bei dir? Es läuft!
Und an der Strecke: Freunde, Familie, Leute aus dem Verein. Bands und der HR liefern laute Musik. Ein Fest. Super Stimmung trägt einen weiter.
Da sind anfeuernde Rufe von Helfern, Passanten, ein freundschaftlicher Klaps von anderen Läufern, wenn man mal ein paar Schritte gehen will:

Auf komm, weiter. Du schaffst das! Läuft bei dir!

 

Die Strecke beginnt sich zu dehnen. Die Versorgungsstationen werden seltener, Musik liegt weit dahinten. Es wird stiller und die Gedanken im Kopf lauter. Jetzt geht an meinen mentalen Proviant. Was trage ich mit mir, was mich stark macht, mich motiviert? Was mich davon abhält, mich hier auf diese nächste Bank zu setzen, um das zu tun, was mein Körper verlangt: ausruhen…

 

Läuft´s bei dir? — Hm, schon, aber nicht von selbst. Es läuft nicht, sondern ich muss es tun, Schritt für Schritt. Ich laufe, aber ich werde nicht getragen, gezogen, ich bin in keinem Flow, es ist hart errungen. Ich muss mir kleine Ziele setzen, ein bisschen belohnen, an was Schönes denken, mit anderen plaudern, solange die Luft reicht.

 

Irgendwann: Stumpf weiterlaufen. Jetzt kommen auch trübe Gedanken. Die mir sagen: Was willst du eigentlich hier?
Alle sind besser als du. Und dann wälze ich die Probleme vom Büro, das ätzende Gerangel mit dem Kollegen, bis ich irgendwann bei längst erledigten Uraltkonflikten angekommen bin. Stöhn. Hört das denn nie auf! Die ewige Mainzer Landstraße… Mein Gott, immer noch zwölf Kilometer!

 

Läuft´s bei dir? Irgendwas läuft, ich will nur noch ankommen.

 

Wären sie nicht da, die Leute an der Strecke, die ihren Sonntag damit verbringen, wildfremde Läuferinnen und Läufer anzufeuern, ihnen Getränke einzuschenken, dann wäre es nicht das, was einen Langstreckenlauf ausmacht.

 

Denen könnte es ja vollkommen gleichgültig sein, wann und ob du jemals ankommst. Ob du dein Ziel erreichst oder abbrichst. Sie bekommen kein Geld dafür. Sie begeistern sich einfach mit dir für dein Ziel und finden es toll, was du dir vorgenommen hast.
Ob du die Strecke in drei Stunden oder in fünf beendest.
Ob du einen sportlichen Eindruck machst oder eher schlurfst.
Ein gebrülltes Weiter, weiter, weiter, du schaffst das kriegt jede und jeder.

 

Liebe Sportsfreunde, was wären wir ohne unsere Unterstützerinnen und Unterstützer? Von klein auf, noch vor den ersten eigenen Schritten, haben sie uns gelobt und bewundert: die Eltern, die ganze Familie.

Später die Lehrerin in der Schule, die Oma, der Trainer, Schulkameraden und Freunde, die Ehefrau, der Mann.
Manche sind schon gestorben, andere haben wir aus dem Blick verloren, nur einige werden morgen an der Strecke stehen und winken oder Sonderverpflegung bereithalten. Aber sie haben dich zu dem gemacht, was du bist. Sie haben dir gezeigt, was in dir steckt, haben dich gelehrt zu vertrauen. Dir selbst zu vertrauen und anderen, die es offenbar gut mit dir meinen.

Diese Menschen sind auch bedeutsam, wenn es darum geht, Gott zu vertrauen. Sie geben nicht nur den Glauben weiter, sie zeigen ganz praktisch und direkt erfahrbar, dass es gut ist zu vertrauen, weil aus dem Kreislauf des Vertrauens so viel Segen erwächst.

 

Wie wichtig diese Unterstützergruppe, ja diese ganze Wolke an Freunden und Mentorinnen ist, um sich im Leben auf die Spuren Jesu zu setzen, davon lesen wir im Hebräerbrief im Neuen Testament der Bibel:

 

Alle diese Zeugen, die uns wie eine Wolke umgeben, spornen uns an. Darum lasst uns durchhalten in dem Wettlauf, zu dem wir angetreten sind, und alles ablegen, was uns dabei hindert, vor allem die Sünde, die uns so leicht umgarnt! Wir wollen den Blick auf Jesus richten, der uns auf dem Weg vertrauenden Glaubens vorangegangen ist und uns auch ans Ziel bringt.

 

So erlebte sich die frühen Christinnen und Christen: Als Menschen auf einem Weg, der ihnen alles abgefordert hat. Sie haben ihr Leben vollkommen umgekrempelt, sich angreifbar gemacht. Hoffnungen erfüllten sich nicht und so waren sie mutlos und fragten sich, ob mit ihnen etwas nicht stimmte oder mit dem Glauben selbst. Es heißt, sie erlahmten. Es stockte, sie fühlten sich nicht mehr vom Ziel gezogen.

 

Da können Sie ja leicht mitreden, wie es ist, wenn die Durststrecke kommt und man die U-Bahn-Station auf der Strecke auf einmal mit sehnsüchtigen Augen betrachtet.

 

Der Schreiber dieses Briefes an die Hebräer sagt: So ist es manchmal, wenn man unterwegs ist. Dann vergisst man, was das Ziel ist. Aber lasst und doch einmal schauen, worauf ihr zurückgreifen könnt.

 

Da gibt es die Wolke der Zeugen. Biblische Heldinnen und Helden, von denen man lernen kann. Auf der Suche nach Vorbildern finde ich Menschen unserer Zeit: Forscherinnen, Künstler, prägende Figuren in Kirche und Politik. Darum liebe ich es, Biografien zu lesen und Lebensentscheidungen von Menschen nachzuvollziehen. Sie helfen uns, unsere Ziele zu finden, zu schärfen oder zu überprüfen.

 

Und dann kommt ein weiterer Hinweis des Briefschreibers, wie wir in Bewegung bleiben und das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

 

Er sagt: Legt ab, was euch dabei hindert, vor allem die Sünde, die uns so leicht umgarnt!

 

Was mich hindert: der Ballast. Ballast, das ist, was dir Kraft nimmt, was dich entnervt und mutlos macht. Was (oder wer) saugt Energie und Lebensfreude aus dir heraus? Ich würde sagen: Morgen gibt es Zeit, darüber nachzudenken.

 

Kommen wir zur Sünde, die uns so leicht umgarnt. Hört sich sexier an als es ist.  Dabei ist es eher betrüblich. Dahinter steckt die Einbildung, Gottes Liebe nicht zu brauchen oder gar, sie nicht zu verdienen. Mich dicht zu machen gegenüber Gottes lebendig machender Gegenwart. Und darum nicht danken zu können, weil ich mich ja auch nicht beschenkt fühle. Ich kenne diese Gedanken so gut und auch die Negativspirale, die meine Gedanken an manchen Tagen herabrutschen. Diese Gedanken sind nicht etwa darum Sünde, weil sie mutlos und trüb sind. Sondern weil sie Gott nicht dabeihaben wollen. Sie schließen ihn aus. Dabei ist Gott doch nur ein Gebet weit weg. Zum Beispiel so:

 

Gott, ich spüre, wie es mich wieder runterzieht. Hilf mir doch! In Jesu Namen Amen.

 

Merken Sie was? Indem ich mich an Gott wende, durchbreche ich die Abwärtsspirale, denn ich lasse den herein, der mich liebt. Ich hebe den Blick.

 

Lass uns den Blick auf Jesus richten, der uns auf dem Weg vertrauenden Glaubens vorangegangen ist und uns auch ans Ziel bringt.

 

Das Ziel für den Marathon ist die Festhalle. Ich selber bin nur einen einzigen Marathon mitgelaufen, schon viele Jahre her, aber den Zieleinlauf werde ich im Leben nicht vergessen. Wie ich da hinten sitze mit der Medaille um den Hals und meiner Folie über den Schultern und mir die Tränen gelaufen sind aus Erschöpfung und dem überwältigenden Glück, am Ende doch angekommen zu sein.

 

Am Ende die Festhalle zu erreichen, ist für den einzelnen erhebend und anspruchsvoll. Mehr noch: Es trainiert das Durchhaltevermögen für die wirklich kniffligen, für die großen Ziele.

 

Was sind Ihre Ziele? Auch diese Überlegung lohnt eine Gedankenrunde auf dem Lauf. Wenn ich so nachdenke, dann fällt mir in der aktuellen Lage vor allem eines ein: der Frieden.

 

Ein großes Ziel, zu dem ich meinen bescheidenen Beitrag leisten will. In meinen persönlichen Begegnungen, in meinem Engagement für Einrichtungen, die den Frieden befördern, in der Erziehung der Kinder, meinem Wirken und Einfluss als Pfarrerin usw. Da gibt es viel zu tun.
Was hilft mir da? Das ist der Glaube, der vertraut. Der aus der Liebe Gottes lebt und von ihr kündet, dieser Glaube halte uns auf dem rechten Weg.

 

Liebe Sportsfreunde!

 

Der Mainova Frankfurt Marathon lehrt uns: Du bist nicht allein. Nicht allein gelassen und erst recht nicht allein unterwegs. Da gibt es 13.000 andere!

 

Die Bibel lehrt uns: Der Weg ist lang. Aber du hast die beste Unterstützung der Welt. Jesus ist da vorne und bringt dich ans Ziel.

 

Also: Läuft´s bei dir? Klar, es läuft!

 

Amen…

Läuft´s bei dir? - Predigt zu Hebr 12, 1-2a