27. September 2016 | Marathon-News

Karl Steiner: Der Gute-Laune-Läufer

Karl verbreitet laufend gute Laune. Immer und überall. Wer dem Laufenthusiasten aus dem Siegerland länger zuhört, der verspürt selbst den Drang, sofort die Laufschuhe zu schnüren. 65 Marathons hat Karl Steiner in seinem Leben schon bewältigt – und jeder einzelne war ihm eine Freude. In seinen Augen ist das Einstellungssache. „Beim Laufen lasse ich mich von schönen Erinnerungen und Gedanken tragen. Ich war und bin immer dankbar, dass es mir mit 50, 55 oder jetzt 62 Jahren körperlich gut geht und ich noch Marathon laufen kann“, erzählt Karl.

Eine Uhr trägt er beim Laufen aus Prinzip nicht. „Laufen ist Ausgleich und Hobby. Wir lassen uns doch den ganzen Tag von der Uhr beherrschen. Ich finde es immer schade, wenn ich Läufer sehe, für die unser Sport der pure Stress ist“, so Karl, der seit März diesen Jahres Rentner ist. Nicht, dass das er ein reiner Genussläufer im gemäßigten Tempo wäre. Seine Bestzeit liegt bei famosen 2:41:56 Stunden und auch heute noch finisht er in weit unter vier Stunden. „Heute wie damals, als ich zum Beispiel mit einer Zielzeit von 2:45 Stunden gestartet bin, halte ich es so: Wenn ich nach zehn Kilometern merke, dass heute nicht mein Tag ist, steige ich nicht etwa aus, sondern erfreue ich mich einfach noch mehr am Lauf und an der Stimmung“, sagt Karl. In Berlin peilt er im kommenden Jahr seine 25. Teilnahme an, in Frankfurt steht für ihn in diesem Jahr das zehnjährige Jubiläum an, was ihm den Eintritt in den Marathon Club verschaffen würde. Überhaupt, Frankfurt: „Da schließt sich für mich ein Kreis“, sagt Karl. Beim damaligen Höchst Marathon debütierte er 1983 über die 42,195-Kilometer-Distanz (3:13 Stunden). Und er ist überzeugt, dass es vom Gelingen des ersten Marathons abhängt, „ob man dabeibleibt. Die Stimmung war fantastisch und ich war mir als ehemaliger Fußballer plötzlich sicher, dass dies meine neue Sportart werden wird.“ Frankfurt war also der Auftakt seiner Laufbahn und Frankfurt war schon ein Jahr später damals das Pflaster, auf dem er erstmals die Drei-Stunden-Schallmauer brach (2:59 Stunden).

Und im vergangenen Jahr war Frankfurt der Schauplatz „meines größten Erfolgs“, sagt Karl. Denn im Rahmen der Deutschen Meisterschaften gewann er mit seinen Mitstreitern nach den Deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Husum auch die Teamwertung in der Altersklasse 60 über die volle Distanz. Er selbst steuerte eine starke 3:32er Zeit bei, obwohl er vier Wochen zuvor auch in Berlin 42,195 Kilometer bewältigt  hatte. Den Deutschen Meistertitel in diesem Jahr in der Festhalle zu verteidigen, „wäre ein Traum“, sagt Karl, der sich seit vielen Jahren als Lauftreffleiter in seinem Verein TuS Deuz engagiert. Und dabei versucht, möglichst vielen Läufern das Erlebnis Marathon schmackhaft zu machen. Und vor allem die Angst vor einem Marathon zu nehmen. Sein Credo: „Viel mehr Menschen könnten Marathon laufen, wenn sie sich denn trauten.“

Doch damit ist seine ehrenamtliche Arbeit noch lange nicht erschöpft. Karl engagiert sich für ein Straßenkinderprojekt in Sao Paulo, organisiert für seinen Fanclub die Busreisen zu Spielen seines Herzensvereins Borussia Dortmund und hilft auch dem Veranstaltern des Siegener Marathons nach Kräften. Nach dem Frankfurt Marathon zum Saisonende lässt es Karl traditionell etwas ruhiger angehen, fährt das Training runter und die kulinarische Lebensfreude hoch. „Im Januar und Februar trage ich immer ein kleines Bäuchlein vor mir her – da machen die Laufkollegen dann immer ihre Scherze“, erzählt Karl. „Im April sieht es dann schon wieder anders aus. Dieses Spiel kennt mein Körper schon seit 30 Jahren. Der weiß dann, dass der Karl wieder etwas Großes mit ihm vorhat.“

Karl Steiner (Foto: Frank Steinseifer/Laufen57 – Freier Journalist und Blogger der Seite www.laufen57.de)