23. Oktober 2016 | Marathon-NewsPresse-News

„Wir wollen spannende Rennen mit vielen Zweikämpfen bieten“

Der Sportliche Leiter Christoph Kopp über die Kniffe beim Zusammenstellen des Elitefeldes, Frankfurt als Sprungbrett für Talente und warum alle Athleten stets behaupten, in Topform zu sein.

 

Wie sieht Deine Arbeit in den Monaten vor dem Rennen genau aus?

Da bin ich auf der Suche nach Topathleten, die zu uns, unserem Konzept und unserer Philosophie in Frankfurt passen. Wir setzen nicht wie andere Marathons auf eine kleine Anzahl Stars, sondern wir versuchen ein ausgeglichenes und spannendes Rennen zu organisieren, ja ein Stück weit zu inszenieren. Wir bringen immer auch jüngere, vielversprechende Athleten an den Start. Die zum Beispiel eine sehr gute Halbmarathonzeit vorweisen können und denen wir zutrauen, dass sie auch über die volle Distanz adäquate Leistungen bringen können. Uns ist wichtig, dass die verpflichteten Athleten in uns bekannten Camps unter guten Trainern beispielsweise in Kenia oder Äthiopien trainieren. „Ich bin in Topform“ sagen alle, wenn man sie fragt. Für uns gilt aber in Zusammenarbeit mit seriös arbeitenden Athletenmanagern Details über den Formaufbau herauszufinden.

 

Welche Athleten haben den Laufklassiker am Main als Sprungbrett genutzt für eine große Karriere?

Frankfurt ist schon für viele  ein gutes Einstiegspflaster gewesen. Da muss man in erster Linie natürlich Wilson Kipsang nennen. Der kam 2010 nach Frankfurt und haute eine 2:04:57 raus, und kam ein Jahr später wieder und lief in 2:03:42 haarscharf am Weltrekord vorbei – den er sich dann später ja tatsächlich holte. 2008 haben wir den Tipp aus einem kenianischen Camp bekommen, dass hier ein junger Bursche in Topform ist, dem man eine Chance geben sollte. Robert Cheruiyot kannte selbst sein eigener Manager kaum. Der Junge kam, sah und siegte bei uns in Streckenrekordzeit.

 

Worauf ist noch zu achten bei der Zusammenstellung des Elitefeldes?

Ich versuche immer ein breit gefächertes Feld bei Männern und Frauen an den Start zu bringen, nicht nur drei Topleute. Wenn sich gut harmonierende Gruppen bilden können, ist die Wahrscheinlichkeit auf Volltreffer höher.

 

Also bist Du in gewisser Weise ein Zocker?

Nicht direkt, weil wir ja nicht blind auf bestimmte Athleten setzen, sondern auf verschiedene Dinge achten. Aber natürlich bleibt es gerade in einer Disziplin wie Marathon offen, wer an Tag X bei welchen äußeren Bedingungen über sich hinauswächst. Auf unserer flachen Strecke können sich die Athleten in Szene setzen. Manchmal so gut, dass wir sie uns anschließend nicht mehr leisten können.

 

Ist ein Lauf in Sphären nahe des Weltrekords nochmal möglich oder war das 2011 durch Kipsang gewissermaßen ein Jahrhundertevent für Frankfurt?

Es war der perfekte Lauf bei idealem Wetter – es waren die besten Bedingungen seit ich 2003 für den Frankfurt Marathon tätig bin. Kommt der Wind beispielsweise aus östlicher Richtung, geht es die gesamte Mainzer Landstraße gegen den Wind. Es sind viele Kleinigkeiten, die einen besonderen Lauf begünstigen. Wenn alles passt, dann ist solch ein Rennen in Frankfurt wieder möglich. Auch wenn wir uns das nicht mehr explizit vornehmen. Wir setzen  ja in Frankfurt vor allem darauf, dass ein für die Zuschauer spannendes Rennen mit vielen Zweikämpfen geboten wird. Und das ist uns in den vergangenen Jahren sehr gut gelungen.