8. Oktober 2017 | Marathon-News

Folgt den Ballonträgern

Sie sind von weitem schon zu sehen, sie sind Typen so bunt wie Laufwelt – und sie tun Gutes. Sie bewahren die Teilnehmer davor, der Euphorie, der Schwäche oder dem inneren Schweinehund nachzugeben. Sie sind die Läufer, nach denen man die Uhr stellen kann. Sie sind treue Begleiter für Bestzeitenjäger und Genussläufer, alte Lauhasen und unerfahrene Erststarter zugleich. Gemeint sind unsere 24 Zugläufer! Auf ihren Ballons und Westen, die sie tragen, stehen die Zielzeiten 2:59, 3:14, 3:29, 3:44, 3:59, 4:14, 4:29, 4:44, 4:59 oder 5:29 Stunden. Sie sind ganz unterschiedliche Läufertypen, aber es eint sie die Lust am gemeinschaftlichen Marathonlaufen und die Freude, anderen Hilfe und Orientierung zu bieten auf dem 42,195 Kilometer langen Weg bis in die Festhalle. Sie sind gefragt als Motivatoren, Antreiber, Gutzuredner, Psychologen – oder nur als stiller Taktgeber in gleichmäßiger Pace. Viele sind schon zig Mal beim Laufklassiker am Main als Zugläufer an den Start gegangen – die Stimmung beim Wiedersehen am frühen Sonntagmorgen ist immer prächtig.
Wer sich an Ricarda und Jens hält, die gemeinsam 3:29 Stunden angehen, trifft auf Marathonliebhaber der besonderen Sorte. Jens hat schon über 300 Marathons und Ultras in den Knochen, Ricarda rund 150. Beide mögen ihre 42,195 Kilometer am liebsten bei unerbittlicher Hitze in fernen Ländern laufen – dagegen ist die Hatz durchs herbstliche Frankfurt ja ein Klacks. Unsere treueste Zugläufer-Seele ist Andreas, zu erkennen am Ballon mit der Aufschrift 3:44. Andreas ist in diesem Jahr zum 16. Mal in Folge als Freund und Helfer der Läufer im Einsatz.
Viele Ballonträger betonen aus Erfahrung, dass ihre Aufgabe bis zur Halbmarathonmarke eher im Bremsen der euphorisierten Mitläufer bestehe – und sie erst in der zweiten Rennhälfte in die Rolle als Antreiber wechselten. Zudem sind viele Teilnehmer während des Rennens für Tipps, Motivation, etwas Unterhaltung und mentale Unterstützung dankbar. Und der Lohn für die fürsorglichen Ballonläufer? Der euphorische Dank, die spontane Umarmung und die große Freude nach dem Zieleinlauf all jener, deren Wunschzeit in Erfüllung ging.
Zu Gast bei Freunden heißt es für alle, die sich an einer 4:14er Zeit orientieren. Michael und Tobias haben sich vor fünf Jahren als Pacemaker in Frankfurt kennengelernt und machen nun als gute Freunde gemeinsame Sache im Dienst der Teilnehmer. Wer unterwegs noch Tipps für seine nächste Marathon-Herausforderung benötigt, fragt einfach Frank (5:29). Frank hat allein im Jahr 2016 quasi jedes Wochenende einen Marathon bestritten, in Summe 45 Stück absolviert. Thorsten (3:59) zieht liebend gerne mit einem Ballon über sich andere durch die Straßen seiner Heimatstadt – und erinnert sich immer wieder gerne, wie er einst selbst von einem Zugläufer profitierte: „Vor vier Jahren sah ich bei Kilometer 30 etwa 50 Meter vor mir den Zugläufer für 3:14. Ich konnte Ihn zwar nicht mehr einholen, aber alleine der Sichtkontakt motivierte mich so sehr, dass ich an diesem Tag eine neue persönliche Bestzeit gelaufen bin. Dieses motivierende Gefühl möchte ich als Zugläufer möglichst vielen Teilnehmern weitergeben.“
Unsere Pacemaker im Überblick

Unsere 24 Zugläufer - auf ihren Ballons und Westen, die sie tragen, stehen die Zielzeiten 2:59, 3:14, 3:29, 3:44, 3:59, 4:14, 4:29, 4:44, 4:59 oder 5:29 Stunden. (Foto: Norbert Wilhelmi)