Elisha Rotich ist nach 13 Jahren zurück in Frankfurt. „Ich bin hier nie gelaufen, aber ich kenne die Stadt und den Marathon. Denn meine internationale Karriere begann ganz in der Nähe“, erzählt der Kenianer, der mit einer Marathon-Bestzeit von 2:04:21 Stunden die Startliste beim Mainova Frankfurt Marathon anführt und einer der Top-Favoriten ist. „2010 und 2011 habe ich zeitweilig in Schöneck gewohnt und bin bei vielen deutschen Straßenrennen gestartet. Das habe ich meinem damaligen Manager Alexander Hempel zu verdanken, der mir die Chance bot, hierher zu kommen.“
Seine Premiere war 2011 der Stadtlauf in Ulm über 10 Kilometer. Elisha Rotich siegte in 29:03 Minuten. „Ich habe damals schon den Frankfurt Marathon im TV verfolgt und später dann in Kenia Zusammenfassungen im Fernsehen gesehen. Es war immer mein Ziel, einmal hier zu laufen. Jetzt hat es geklappt und ich freue mich sehr“, sagt Elisha Rotich, der mehrere Jahre benötigte für den erfolgreichen Umstieg auf die Marathondistanz. Seinen ersten Sieg über die 42,195 Kilometer feierte er in Cannes 2016 in 2:10:45.
Sein Traum vom Lauferfolg begann in der Schulzeit, befeuert von seinem Onkel John Kosgei, dem Commonwealth Games-Sieger von 1998 im 3.000-Meter-Hindernislauf mit einer Bestzeit von 8:03,89 Minuten. „Ich sah ihn jeden Morgen beim Training“, erzählt Rotich, der in Sziwe mit sechs Geschwistern aufwuchs. Im Alter von 14 Jahren bekam er von seinem Onkel ein paar Laufschuhe und schloss sich jeden Morgen der Trainingsgruppe an. Seine Eltern sind Landwirte. „Wir bauen Kartoffeln und Mais an und haben auch Kühe und Hühner.“
Nach der Grundschule konnten die Eltern ihm keine weiterführende Ausbildung finanzieren. Onkel John holte seinen Neffen dann mit 20 Jahren nach Eldoret, wo er fortan trainierte und parallel als Hausmeister in einem Gebäudekomplex arbeitete: „Nach der Rückkehr von meinen Trainingseinheiten habe ich das gesamte Gelände gereinigt und mich um die Belange der Mieter gekümmert“, schildert er.
Elisha Rotich ist ein Läufer, den man am Sonntag für eine Topplatzierung auf der Rechnung haben muss. Als Sieger des Paris-Marathons 2021 knackte er in 2:04:21 Stunden den Streckenrekord, den zuvor Äthiopiens Lauflegende Kenenisa Bekele hielt. Schon davor erzielte er über Jahre hinweg starke Ergebnisse. Sechs Marathonrennen konnte er gewinnen. Neben dem Erfolg in Paris feierte er Marathonsiege unter anderem in Eindhoven 2018 und in Cuncheon (Korea) 2017. Siebenmal erzielte er Zeiten von 2:07 oder schneller. Dazu zählen 2:05:18 als Dritter in Amsterdam und 2:06:12 als Zweiter in Seoul, beide im Jahr 2019. Im April 2024 überzeugte Rotich erneut in Paris. Auf der nicht ganz einfachen Strecke in der Olympiastadt holte er mit 2:06:53 Rang drei.
„Der Sieg beim Paris-Marathon hat mein Leben verändert. Ich konnte dadurch Land kaufen und habe auch eine Kuh und Hühner auf der Farm meiner Eltern“, erzählt der 34-Jährige, der heute in Kaptagat trainiert und zeitweilig dort lebt. Rotich gehört nicht zur Trainingsgruppe von Superstar Eliud Kipchoge, „aber wir treffen uns immer wieder beim Training“. Sein Wohnort ist Eldoret, wo seine Frau mit den drei Kindern lebt.
„Ich habe mich fünf Monate lang intensiv auf den Mainova Frankfurt-Marathon vorbereitet. Wenn das Wetter gut ist und wir uns in der Spitzengruppe gegenseitig unterstützen, kommen am Ende auch gute Zeiten heraus. Dann sind Ergebnisse unter 2:05 Stunden möglich“, sagt Elisha Rotich, der sich auch von Miss-Erfolgen nicht aus der Bahn werfen lässt. „Wenn Du heute verlierst, kannst Du morgen gewinnen.“
Wie beim Start seiner Karriere könnte ihm nun ein Rennen in Deutschland noch einmal einen Schub bringen. „Ich möchte mich mit einer starken Leistung beim Mainova Frankfurt Marathon empfehlen für einen Top-Marathon wie Boston oder Chicago. Mein großes Ziel ist es, eines Tages für Kenia zu starten.“