15. Oktober 2016 | Marathon-News

Einen Marathon zu bewältigen ist ein Geschenk

Der Prodekan der evangelischen Kirche in Frankfurt Holger Kamlah hält die Predigt beim ökumenischen Marathon-Gottesdienst.

Im Interview spricht der aktive Läufer über Glaube und Marathon sowie Gottesdienstbesucher in Laufschuhen.

Was haben Glaube und Marathonlaufen gemeinsam?
Ich bin keiner, der einen Lauf spirituell überhöhen will. Aber grundsätzlich sehe ich die Parallele in der Bitte der Läufer, durchzuhalten und ans Ziel zu kommen. Weil man weiß, welcher Situation man sich da ausliefert und wie unberechenbar diese lange Distanz ist. Die Bitte, die Erschöpfung zu überwinden und die auch mentale Herausforderung zu meistern, kann schon den Charakter eines Gebets haben. Gefühlt hat der Läufer es nicht nur in der eigenen Hand, ob der Marathon gelingt, sondern erlebt das Finish auch immer als Geschenk.

Sie halten die Predigt beim traditionellen Marathon-Gottesdienst am Samstagabend.
Wie speziell ist es für Sie vor einer Gemeinde mit vielen Laufschuhträgern?
Ich bin im vergangenen Jahr mit einem Kollegen und zwei Flüchtlingen in einer Staffel gelaufen. In dem Zusammenhang haben wir uns tags zuvor in der Marathonmall getroffen und auch den Gottesdienst besucht. Ich war erstmal überrascht, wie gut  besucht der ist. Da hören über 100 Leute aus dem In- und Ausland sehr angeregt zu. Das ist natürlich keine ganz typische Gottesdienst-Gemeinde. Ich predige aber sehr gerne zu Leuten, die sonntags vermutlich nicht regelmäßig in die Kirche gehen. Da kann ich es durch die Art und Weise wie ich es in der Predigt darlege, schaffen, diese Leute für den Blick eines Glaubenden auf die Welt und auch auf den Sport zu gewinnen.

Was wird das Thema Ihrer Predigt sein?
Ich werde mich entlanghangeln an dem Spruch im Hebräer-Brief: „Macht die erschlafften Knie wieder stark und schafft für eure Füße gerade Pfade.“ Da geht es um die Bitte, dass man die Belastung überstehen möge. Das bezieht sich natürlich keineswegs nur auf den Marathon, sondern steht symbolisch für Phasen im Leben. Dass man gut durch diesen Marathon kommt und womöglich eine neue Bestzeit erzielt, das wünsche ich jedem Läufer von Herzen – aber entscheidend für das eigene Leben ist das nicht. Wir sind im Leben aber immer wieder mit tatsächlich entscheidenden Situationen konfrontiert, die wir aus eigener Kraft kaum bewältigen können und sind darauf angewiesen, dass andere Menschen für uns da sind. Und dass Gott uns bewahrt und behütet. Wer Marathon läuft, kann für diese Phasen etwas lernen.

Laufen Sie selbst auch wieder mit?
Ich bin insgesamt zwölf Marathons gelaufen, davon fünf in Frankfurt. Beim letzten Frankfurt Marathon habe ich mir einen Ermüdungsbruch gelaufen und das war der Anfang dafür, dass mir auf längeren Strecken Achillessehne, Knie und Hüfte Grenzen setzen. Ich laufe noch ein bis zwei Mal je Woche zehn bis 12 Kilometer.

Der ökumenische Marathon-Gottesdienst findet am Samstag, den 29. Oktober, um 18 Uhr im Blauen Saal der Festhalle statt. Für Musik sorgt der Posaunenchor der Kirchengemeinde Eschborn.