Der Aufstieg des Samuel Fitwi setzt sich fort: Mit seinem Lauf zum deutschen Marathon-Rekord in Valencia am Sonntag ist dem 28-Jährigen eine weitere Überraschung gelungen. Nach 2:04:56 Stunden war er in Spanien als Neunter im Ziel und hatte damit die nationale Bestzeit von Amanal Petros um zwei Sekunden unterboten. Es war die knappste Verbesserung in der rund 100-jährigen Geschichte deutscher Marathon-Rekorde.
Seit Samuel Fitwi 2023 zum Marathon wechselte, entwickelte er sich zum Topläufer, der inzwischen nicht nur die nationale sondern auch die kontinentale Spitze erreicht hat. Dennoch war Samuel Fitwi, wie sein Manager Jörg Ullmann sagt, immer noch „ein bisschen ein Dark Horse“ im deutschen Elite-Laufsport. Er rannte sozusagen etwas ‘unter dem Radar’, was in erster Linie daran lag, dass mit dem Marathon-Europameister Richard Ringer und dem Langstrecken-Serienrekordler Amanal Petros zwei andere für die herausragenden Resultate und die Schlagzeilen sorgten. Seit Sonntag hat Samuel Fitwi aufgeschlossen in die zurzeit höchste Kategorie, zu Ringer und Petros.
Nachdem er vor gut 14 Monaten in Berlin in seinem zweiten Marathon 2:08:28 Stunden erreicht hatte, war ihm im Januar in Dubai eine weitere deutliche Steigerung auf 2:06:27 gelungen. Damit sicherte sich Samuel Fitwi den Startplatz bei den Spielen in Paris. „Die Olympia-Qualifikation zu schaffen, das war das ganz große Ziel in diesem Jahr. Eigentlich wollte ich in Paris unter die Top 10 kommen, aber die Konkurrenz war dort natürlich extrem stark. Der 15. Platz war daher ein Erfolg für mich. Jetzt bin ich super happy, dass ich den deutschen Marathon-Rekord gebrochen habe. Ich bin in diesem Jahr nicht viele Wettkämpfe gelaufen, aber es war ein gutes Jahr“, erzählt Samuel Fitwi rückblickend auf ein außerordentlich erfolgreiches Jahr, in dem er bei der EM im Halbmarathon zudem den fünften Platz belegt hatte.
Es war für Samuel Fitwi ein Jahr, das sich nicht so leicht übertrumpfen lässt. Aber der Läufer des Vereins Silvesterlauf Trier ist zuversichtlich: „Ich bin sicher noch nicht am Limit – mal sehen, was in der Zukunft noch geht. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass ich mich noch weiter steigern kann. Ich bin ja auch immer noch erst am Anfang meiner Marathon-Karriere.“ Das Rennen in Valencia war in der Tat erst sein fünftes über die 42,195 km.
Der Schlüssel zu den Erfolgen in diesem Jahr liegt sicherlich in Addis Abeba. Dort schließt er sich für eine Marathon-Vorbereitung regelmäßig einer sehr starken Trainingsgruppe an. Seit Mitte September trainierte Samuel Fitwi in der Höhe in Äthiopien und reiste dann von dort direkt nach Valencia.
Samuel Fitwi war als 17-Jähriger unter abenteuerlichen Umständen aus Eritrea geflüchtet. Über das Mittelmeer gelangte er nach Italien und kam schließlich über Köln nach Gerolstein (Rheinland Pfalz). „Ich wohne seit zehn Jahren in der Vulkaneifel und wurde dort von Anfang an immer sehr gut unterstützt. Ich bin meinen Sponsoren und Förderern sehr dankbar“, sagt Samuel Fitwi, der von Yannick Duppich trainiert wird und während der ersten Jahre seiner Karriere parallel als Maler arbeitete. 2018 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft, ein Jahr später war er Fünfter bei der Crosslauf-EM.
Sein nächstes Rennen wird der Silvesterlauf in Trier sein. Wie es dann im nächsten Jahr weitergeht, ist noch nicht entschieden. Ein Frühjahrs-Marathon ist denkbar, ein WM-Start im August in Tokio möglich. „Ich mache immer eines nach dem anderen und plane Schritt für Schritt“, sagt Samuel Fitwi. „Bei den großen prestigeträchtigen City-Marathonrennen zu starten, ist natürlich auch ein Ziel für die Zukunft.“
Samuel Fitwis Marathonläufe
2:12:14 41. Sevilla-Marathon 2023
2:08:28 18. Berlin-Marathon 2023
2:06:27 5. Dubai-Marathon 2024
2:09:50 15. Paris, Olympische Spiele 2024
2:04:56 9. Valencia-Marathon 2024
Text: Jörg Wenig / Race News Service
Foto: Colombo / photorun.net