26. September 2016 | Marathon-News

Erststarter Jonas Heidrich „Das war schon lange mein großer Wunsch“

Es ist eine wundersame Geschichte, so wie Jonas Heidrich durchs Leben geht und läuft. Der 25-Jährige hat von Geburt an eine kognitive Beeinträchtigung und eine leichte körperliche Behinderung.

Stolzer Vater beim Halbmarathon im Mainz: Frank mit seinem Sohn Jonas Heidrich, der am 25. Oktober seinen ersten Marathon in Frankfurt laufen wird.

Das wird ihn nicht davon abhalten, am 25. Oktober vor dem Frankfurter Messeturm an der Startlinie zu stehen. „Das war schon lange mein großer Wunsch. Die Vorfreude ist riesig“, sagt Heidrich am Telefon von seinem Arbeitsplatz im hessischen Hofheim aus. Dank seiner Disziplin, Ausdauer und Beharrlichkeit absolviert er nicht nur seine Läufe bis zu sechs Mal je Woche, sondern hat auch auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß gefasst. Was für geistig behinderte Menschen äußerst ungewöhnlich ist. Heidrich jedenfalls arbeitet Vollzeit in der Poststelle des Landratsamtes des Main-Taunus-Kreises – obwohl er weder lesen und schreiben kann. Dennoch sortiert er fehlerfrei die Postsendungen ein, da er gelernt hat, in Windeseile die Buchstaben abzugleichen. In dem großen Behördengebäude mit seinen langen Gängen kommen schon tagsüber einige Kilometer zusammen für Heidrich. Doch richtig los legt der Hesse erst nach Feierabend, wenn er die Laufschuhe schnürt und zum Ausgleich auf seine 10 bis- 15-Kilometer-Runde geht. Meist begleitet durch seinen ebenso laufbegeisterten Schwager oder durch Ralf Thies. Der ambitionierte Hobbyläufer und viermalige Frankfurt-Finisher – den Hamburg Marathon bewältigte er unlängst in 3:23 Stunden – kennt Heidrich von der Werkstatt Schlocker-Stiftung, einer Einrichtung der Behindertenhilfe. Thies begleitet Heidrich bei dessen Wettkämpfen. Vier Mal haben sie gemeinsam schon den Halbmarathon in Mainz absolviert, meist in einer Zeit um 1:45 Stunden. Über 10 Kilometer hat Heidrich eine Bestzeit von 44:38 Minuten vorzuweisen. Im vergangenen Jahr nahmen sie beide in Frankfurt am Staffelwettbewerb teil und liefen für die Werkstatt Schlocker-Stiftung gemeinsam in die Festhalle ein. Heidrich war begeistert von der Stimmung an der Strecke und dem Finish auf dem roten Teppich. Seitdem, berichtet Thies, drehen sich fast alle ihre Gespräche nur noch um den Frankfurt Marathon, über die volle Distanz von 42,195 Kilometern. „Die Strecke bewältigen und gut durchkommen“ sei das Ziel, so Thies, der Schulter an Schulter weniger als Tempomacher denn als Bremsläufer gefragt sein wird. Denn der trainingsfleißige Heidrich neige dazu, die Rennen vor lauter Euphorie zu schnell anzugehen. Eine Zeit von 4:30 Stunden sei realistisch, sagt Thies, der seinen Partner bei den Verpflegungspunkten aus dem Gewühl heraushält, Getränke, Banane und Power-Gel reicht. Im Training wollen die beiden nun vermehrt lange Läufe angehen von 25 bis zu 30 Kilometern. Fest steht schon längst: Jonas Heidrich ist in seinem Leben schon jetzt sehr weit gekommen.

Stolzer Vater beim Halbmarathon im Mainz: Frank mit seinem Sohn Jonas Heidrich, der am 25. Oktober seinen ersten Marathon in Frankfurt laufen wird.