28. Oktober 2022 | Marathon-News

Merle Brunnée beim Mainova Frankfurt Marathon

Zunächst schreibst du auf deiner Website, dass dein Einstieg in den Leistungssport eher untypisch war – wieso?

Mein Einstieg in den Leistungssport war untypisch – ich bin nämlich nicht etwa seit meiner Kindheit in der Leichtatheltik unterwegs und hatte mir auch nie zum Ziel gesetzt, Leistungssportlerin zu werden. Doch durch ein paar glückliche Zufälle und Begegnungen mit den richtigen Personen haben unerwartete Wege gebahnt, sodass ich meine (spät entdeckte) Leidenschaft, das Laufen, fokussieren und meine Stärken ausbauen könnte.

Eigentlich fing alles erst während meines Medizinstudiums in Heidelberg an, ich begann regelmäßig zu laufen, einfach weil es so leicht ist: Schuhe an und los. Egal zu welcher Tages- und Jahreszeit, egal bei welchem Wetter, Laufen geht immer. Und so lief ich. Erst kleinere Runden, 6 bis 10 km, selten schneller als 5:00 min/km, vielleicht 20-30 km pro Woche.

Als ein Marathon in der Region stattfand, habe ich mir vorgenommen: „einmal im Leben einen Marathon laufen, das muss doch mal sein!“ Also meldete ich mich an, schraubte etwas meine Wochenkilometer hoch und lief wenige Wochen später meinen ersten Marathon in 3:19 Stunden. Spätestens da wurde die Lust auf mehr in mir geweckt! Das war vielversprechend! Kann ich vielleicht mehr? Kann ich schneller? Ich wollte mehr Wettkämpfe laufen!

Wenige Monate später, nachdem ich also weiter mein Training ausgebaut hatte, lief ich das erste Mal 10 km in unter 40 Minuten (39:01 min). Bei diesem Lauf lernte ich meinen neuen Verein kennen und trat der MTG Mannheim bei. Aus Hobbylaufen wurde dann Leistungssport mit Trainingsplan, Tempotraining in der Gruppe, Bahnläufen und mehr Wettkämpfen.

Seitdem ist das Laufen ein fester Bestandteil meines Alltags, den ich mir nicht wegdenken mag. Und die Ergebnisse sprechen für sich: mittlerweile habe ich eine 10 km Bestzeit von 35:48 min und auf die Halbmarathon-Distanz 1:21 Std. Meine Marathon-Bestzeit von 2:51 Std. (Frankfurt 2019) möchte ich in diesem Jahr verbessern.

 

Du bist Hauptberuflich als Ärztin tätig, ein Beruf der sicherlich auch sehr zeitintensiv und anstrengend sein kann – wie sieht dein Alltag mit Beruf und Leistungssport aus?

Meinen Alltag als (Vollzeit-) Ärztin am Uniklinikum Heidelberg in der Abteilung Neuroradiologie mit Schicht-, Wochenend- und Nachtdiensten mit dem Leistungssport zu vereinbaren ist jeden Tag eine neue Herausforderung. Für mich ist es ehrlicherweise schwierig, das Training nebenher unterzubringen, nicht nur aus zeitlichen Gründen, auch muss ich meine Kraft-Ressourcen einteilen. Das Training baue ich also um die Arbeit herum. Habe ich Spätdienst, trainiere ich vor der Arbeit, habe ich Frühdienst, trainiere ich danach und/oder davor. Wenn ich Rufdienst habe, laufe ich in Klinik-Nähe, habe mein Telefon dabei und bin dann innerhalb weniger Minuten in der Klinik, wenn ich gebraucht werde. Aber ich muss auch Abstriche machen. Nicht immer lässt sich das Training so umsetzen, wie es geplant war. Sei es aus zeitlichen Gründen oder wenn ich schlicht zu müde bin. Aber auch das gehört dazu und ich bin eben keine Profi-Sportlerin, insofern muss das Training dann manchmal verschoben werden.

Aber oft genug klappt es auch gut und ich bekomme alles unter einen Hut! Mein Ziel dabei ist, ca. 15 Trainingsstunden pro Woche (Laufen + Radfahren) unterzubringen und zwischen 80-100 Wochenkilometer zu laufen. Die Rechnung ist dabei einfach: neben Arbeit und Laufen bleibt dann eben wenig Zeit für Anderes.

Aber das Wichtigste dabei – und nur so funktioniert es für mich: ich mache es gerne, weil es mir Spaß macht! Zu sehen, wie ich schneller werde, Erfolge bei Wettkämpfen habe, eigene Ziele zu erreichen, mich mit Freunden zum gemeinsamen Training zu treffen, das ist toll!

 

Hast du eine Lieblingstrainingseinheit im Marathontraining und wenn ja, welche ist es?

Mein Freund und Coach Bent sagt sonntags morgens immer mit einem Lachen: Merle, es ist Sonntag, deine Lieblingseinheit steht an: Longrun!

Ob der lange Lauf (meist sonntags, je nach Dienstplan) wirklich meine Lieblingseinheit ist, weiß ich gar nicht so genau, aber mir gefallen die langen Läufe in der Marathonvorbereitung auf jeden Fall. Insbesondere, wenn ich diese nicht allein mache, sondern Läufer-Freunde mitkommen. Besonders mag ich die Longruns, wenn sie nicht einfach „nur“ z.B. zwei Stunden in lockerem Tempo sind, sondern am Ende noch 5 km Endbeschleunigung dabei ist oder zwischendurch ein paar schnellere Abschnitte sind. Wenn ich alleine unterwegs bin, mache ich die langen Läufe auch gerne mit Musik in den Ohren. Das macht richtig Laune!

 

Welches Ziel hast du dir für den Mainova Frankfurt Marathon 2022 gesetzt?

Mein Ziel für den diesjährigen Frankfurt Marathon ist es, eine persönliche Bestzeit zu laufen. Die liegt aktuell bei 2:51:30 Stunden und ist noch vom Frankfurt Marathon 2019. Das nächste Ziel wäre also, die 2:50 Stunden-Marke zu brechen. Dafür müsste ich die 42 Kilometer im 4:00er Schnitt rennen, ein hoch gestecktes, aber realistisches Ziel. Allerdings ist meine Vorbereitung auf den Marathon in diesem Jahr eher untypisch: ich habe Anfang September bei der Langdistanz-Duathlon Weltmeisterschaft teilgenommen, bei der ich im Jahr 2021 das Rennen mit der Goldmedaille für mich entscheiden konnte. In diesem Jahr freue ich mich über Bronze. Bei der Langdistanz sind zunächst 10 km zu laufen, dann 150 km Rad zu fahren und dann nochmal 30 km zu laufen (insgesamt mit ca. 2600 Höhenmetern). Ich bin also gut vorbereitet auf lange Wettkämpfe, hatte aber im Sommer entsprechend den Fokus nicht nur auf das Laufen, sondern eben auch auf das Radfahren. In den letzten Wochen vor dem Frankfurt Marathon konzentriere ich mich nun also voll auf das reine Laufen und baue noch einige Marathon-spezifische Trainingseinheiten ein. Mit 36:39 Minuten über 10 km bei der Deutschen Meisterschaft Mitte September in Saarbrücken habe ich einen vielversprechenden Zwischenstand über meine Form bewiesen. Ich bin gespannt auf Frankfurt und freue mich schon! Diese großartige Veranstaltung ist optimal geeignet, schnelle Zeiten zu laufen. Nach 42 km dann über den roten Teppich ins Ziel zu laufen, das motiviert, sein Bestes zu geben.

 

 

Und zuletzt, worauf freust du dich nach dem Marathon am meisten? 

Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf! Aber klar, direkt nach dem Frankfurt Marathon freue ich mich, erst einmal meine Füße hochzulegen. Das Marathon-Gefühl wird auch noch ein paar Tage anhalten und in der Luft liegen. Es ist ein schönes Gefühl, auf ein gelungenes Rennen zurückzublicken, zu sehen, für was ich so viel trainiert habe. Darauf freue ich mich.

Ich werde die Woche nach dem Wettkampf auch eine kleine Saisonpause einlegen, um danach mit neuer Kraft weiter zu trainieren. Und so gern ich das Laufen auch mag, eine Saisonpause ist auch wichtig – für dem Körper und für den Kopf. In diesen ein bis zwei Wochen werde ich dann hoffentlich auch ein paar schöne Sachen abseits des Sports mit meinen Freunden unternehmen. Und dennoch weiß ich schon jetzt, dass es mir nach wenigen Tagen in den Füßen kribbeln wird und ich wieder trainieren mag, denn – um den Kreis zu schließen – der Sport ist ein nicht wegzudenkender Teil meines Alltags.

Merle Brunnée beim Mainova Frankfurt Marathon | Bild: Florian Freundt